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30.04.04

Zum 1.Mai

An die Arbeiterinnen Berlins!
Arbeiterinnen! Eine jede von Euch weiß, wie traurig die Verhältnisse sind, unter denen Ihr lebt. Ein Lohn wird euch gezahlt, der Eurer Menschenwürde spottet und euch in beständiger geistiger und materieller Abhängigkeit erhält. Überflüssig wäre es, ein Wort mehr oder eine Zahl zum Beweise hinzuzufügen: die tägliche Noth und die tägliche Entbehrung lehren einer jeden von Euch bitter und scharf genug, daß Euer Lohn der gedrückteste, daß Eure Arbeit die schlecht bezahlteste ist.

Nun kommt noch hinzu, daß wegen dieser ihrer schmachvoll kargen Entlohnung die Frauenarbeit die gefährlichste Concurrentin der Männerarbeit ist. In jeder Branche, in welche die Frau eindringt, ist ein Sinken des Lohnes unausbleiblich, der männliche Arbeiter wird von der neuen billigeren Arbeitskraft beiseite geschoben, wird arbeitslos... An uns Frauen ist es, nicht länger mehr mit dem Gleichmut der Gewohnheit der Entwicklung des Unheils zuzusehen, das uns und das ganze Volk bedroht. Wir müssen uns aufraffen und im Namen der Gerechtigkeit eine Forderung erheben, deren Erfüllung Rettung verheißt, - die Forderung der Lohngleichheit der Männer- und Frauenarbeit!
Wohl liegt das Ziel fern, und der Weg ist ungebahnt, aber es gibt ein Mittel zu erreichen, was wir wollen. Dieses Mittel heißt: Vereinigung
Arbeiterinnen Berlins! Wir rufen euch zu: Vereinigt Euch! Reiht Euch ein in einen großen Bund, der in gemeinsamer Arbeit und in aufopfernder Thätigkeit durch die Kraft Aller die Noth der Einzelnen besiegen wird.
Aus: Flugblatt an die Berliner Arbeiterinnen 1885 vom Verein zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen

Sabine Borchers meint, am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, sollte an die Frauen erinnert werden, die für Gerechtigkeit gekämpft haben.
Wir Frauen sollten uns zu jeder Zeit einmischen und engagieren, auch in der Politik.

Veröffentlicht von Sabine Borchers am 30.04.04 21:28